Framing – Die Macht der Worte
Esther Guggisberg
Diesen Artikel habe ich im März 2017 geschrieben.
NLP, die Neurolinguistische Programmierung, ist eine in den 70ern begründete Denkrichtung, eine Sammlung von hauptsächlich verbalen aber auch nonverbalen Kommunikationsmethoden, um die eigene Psyche und die des Empfängers zu beeinflussen. Diese werden gezielt in therapeutischem Kontext, aber auch in Wirtschaft und Politik eingesetzt. Ergründet und erforscht in zwischenmenschlichen Beziehungen und Verhalten finden sie natürlich ebenfalls in privaten Beziehungen statt.
Ob wir es nun bewusst tun oder nicht, NLP und die darunter fallenden Techniken haben eine Wirkung.
Eigenes Weltbild
Wir denken in Bildern und in Worten. Diese lösen Gefühle aus. So bilden sich unser Selbstbild und das Bild, das wir von der Welt und anderen Menschen haben. Diese Bilder sind subjektiv und können von anderen Menschen eigentlich nicht bewertet werden. Aufgrund unserer Geschichte und unseres persönlichen Erlebens, aufgrund von unserem eigenen Empfinden und dem Umgang mit Sinneseindrücken, mit Gedanken und Gefühlen, ist es nicht möglich, dass ein Mensch das Weltbild eines anderen ergründen und 1 zu 1 nachvollziehen kann. Denn der Betrachter sieht die Welt im Kontext seines eigenen Erlebens und seiner Haltung.
So fragt auch Paul Watzlawick als Teil der konstruktivistischen Psychologie-Strömung: «Wie wirklich ist die Wirklichkeit?» Der Konstruktivismus sagt, dass kein Mensch über ein objektives Weltbild verfügt und somit nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle alles gleich sehen, dass es also eine objektive Realität gibt, und dass «fehlende» Teile der Weltsicht von der Person bewusst oder unbewusst dazukonstruiert werden. Nietzsche sagt: «Es gibt nur perspektivisches Sehen.» Das heisst, wir können die Dinge nur aus unserer subjektiven Betrachtungsweise erkennen und erleben.
Unsere Erfahrungen prägen unser Weltbild. So können wir ein Objekt von aussen betrachten, zum Beispiel eine Schaukel, und jeder sieht darin etwas anderes und empfindet unterschiedliche Emotionen. Das liegt vornehmlich an der Bedeutung, die wir dem Objekt, dem Gegenstand, der Situation, dem Wort oder auch der Person geben. Wir schaffen den persönlichen Zusammenhang, den Kontext, den Rahmen. Es sind die Vorstellungen und Interpretationen, die wir rundherum kreieren.
Framing
Diesen Rahmen schaffen wir selbst. Wir können aber auch zum Rahmen und Kontext inspiriert oder manipuliert werden. Unbewusst oder bewusst tun wir das alle – bei uns und bei anderen.
Noch nicht als «Framing» bezeichnet, aber genau mit dieser Struktur, wurde die Basis von Religionen und Glaubensrichtungen gelegt. Indem ein Weltbild und dazugehörige Regeln vermittelt werden, liefert man gleich die gewünschte Sicht- und Verhaltensweise mit.
In Verkauf und Marketing wird dies natürlich sehr gerne eingesetzt. Deswegen gibt es die ganzen Marktforschungen und Analysen. Und ja, all deine Daten, die du bei Facebook, Google usw. eingibst, werden dazu genutzt. Aber es wird eben nicht nur in der Wirtschaft eingesetzt, sondern schon lange und sehr erfolgreich auch in der Politik. Im Privaten tun wir es täglich und meist unbewusst.
Preframe
Es wird ein Rahmen vorgeben, damit das Erlebte, das Gesagte oder Geschriebene in einen vorgefertigten Kontext fällt. Bei jedem Verkaufserlebnis werden Geschichten und Vorstellungen rundherum kreiert. Es sind diese, die Emotionen und Bedürfnisse auslösen und die so zu einer Investition motivieren.
Doch auch im (Selbst-)Coaching können wir das Preframing nutzen, um uns Herausforderungen schmackhafter zu machen. Alleine die Worte «Schwierigkeiten» und «Probleme» durch «Herausforderungen» zu ersetzen, schafft einen neuen Kontext. Wenn wir dann noch zusätzliche Motivationsfaktoren einbauen, können wir uns selbst austricksen. Aufwändige Investitionen und/oder Vorbereitungen werden mit dem Ziel in Kontext gesetzt, was ihnen somit einen neuen Sinn gibt.
Reframe
Wir setzen Geschehenes, Gesagtes, Geschriebenes in einen neuen, in einen anderen Rahmen. Sinnvoll ist es, wenn wir einen vorteilhaften und konstruktiven Rahmen setzen. So dass etwas positiv, motivierend und ressourcenvoll betrachtet werden kann.
Ein Beispiel:
Eine Frau regt sich immer wieder über den Dreck auf, den ihre Familie zuhause macht, überall Unordnung, Fussabdrücke auf dem Boden. Der Coach lässt sie eine kurze Visualisierungsübung machen; sie solle sich die Wohnung sauber, frisch duftend und mit glänzenden Böden vorstellen. Und dann sagt er ihr: «Und das bedeutet, dass alle, die Sie lieben, nicht mehr da sind.» Zack, ein Frame wird hergestellt. Er schlägt ihr vor, doch ein paar Fussabdrücke zu belassen, was bedeutet, dass ihre Liebsten zuhause sind. So wird den vorher störenden Fussabdrücken eine neue sinnvolle Bedeutung gegeben. Und dabei spüren auch wir als Leser oder Beobachter dieses Ablaufs sofort den Unterschied.
Framing in Wirtschaft und Politik
Nutzen wir diese Möglichkeit, um uns selbst zu stärken, um uns zu motivieren und ein für uns gesundes Ziel zu erreichen, ist dem nichts entgegenzusetzen.
In der Wirtschaft werden jedoch vielfach Manipulationstechniken eingesetzt, die uns durch Framing suggerieren, was wir alles noch bräuchten, um das komplettierte Bild und die damit gelieferten Emotionen zu erhalten.
Genau so können in der Politik erhöhte Gebühren, übertriebene Kontrolle und sogar Angriffe und Kriege gerechtfertigt werden. Vermeintliche Terroranschläge in den Kontext mit einem bestimmten Land zu setzen, welches man eigentlich aus wirtschaftlichen sprich Rohstoffgründen, destabilisieren und in eine kriegerische Auseinandersetzung treiben möchte, ist seit Jahrzehnten gängige Praxis. Und anhand unserer Reaktion auf ebendiesen Text und unserer eigenen Haltung erkennen wir, wie sehr wir welche Frames bereits in uns aufgenommen haben.
Die Politik arbeitet eng mit Marketing- und PR-Beratern zusammen, die für sie nicht nur Wahlkampagnen organisieren, sondern gezielt die Haltung der Menschen in Bezug auf Klima, auf Ressourcen, das Konsumverhalten und die Haltung zu kriegerischen Auseinandersetzungen beeinflussen sprich manipulieren.
Mächtige Worte als Trigger-Funktion
Ob uns das nun schmeckt oder nicht, es gehört zu dieser Welt dazu. Was wir tun können, ist uns dessen bewusst werden. Indem wir lernen zu erkennen, dass Worte und Begriffe als Frames und dann als Trigger eingesetzt werden, um in uns etwas zu bewegen und uns zu einer Haltung, zu einer Realität und somit auch zu Entscheidungen zu bringen, übernehmen wir mehr Verantwortung für ebendiese. Vielleicht hinterfragen wir Impulse schneller, eignen uns vermehrt Wissen und Praxiserfahrung an und setzen die Trigger-Worte in einen anderen Kontext.
Framing in Beziehungen
In zwischenmenschlichen Beziehungen ist Framing täglich am Werk, was bedeutet, dass ständig unterschiedliche Realitäten aufeinandertreffen und man selten vom «Gleichen» spricht oder überhaupt sprechen kann. Einfühlen und vor allem klärende Kommunikation über Spiegeln und Rückfragen kann dabei unterstützen, einen gemeinsamen Frame zu schaffen.
Besonders in der Verliebtheitsphase treffen unterschiedlichste Vorstellungen und Frames aufeinander, die nach einigen Wochen oder Monaten automatisch zu Enttäuschungen führen müssen. Mehr dazu kannst du in meinem Artikel nachlesen: Magische Anziehung – wie wir uns verlieben
Framing und Ansätze zur Konfliktlösung
Wenn du dich in einem Konflikt befindest, dann frage dich immer: befindest du dich in deinem eigenen Rahmen, Wording (Wortwahl) und Weltbild oder bist du im Frame des Gegenübers?
Wichtig ist es, deine eigene Motivation und die des anderen – sei es nun Partner, Chef, Firma, Anbieter, politische Partei usw.) zu prüfen. Achte darauf, welche Worte verwendet und in welchen Kontext sie gestellt werden.
Was lösen sie dir aus?
Welche inneren Bilder werden kreiert?
Was lösen dir die Botschaften für einen Rahmen aus?
Ist es dein Rahmen oder der Rahmen des Gegenübers?
Ist es möglich, erst auf den Rahmen des Gegenübers einzugehen und dann den eigenen miteinzubeziehen, um so einen Konsens zu finden? Wenn ja, wie wäre das möglich?
Wenn du bereits bei mir im Coaching warst, dann weisst du, dass ich mich immer auf deine Frames einlasse. Ich gehe mit in deine Bilder, verwende deine Worte, so dass wir uns genau in deiner Realität und deinem subjektivem Empfinden bewegen.
Das Klären von Triggern, das Auflösen negativer Empfindungen zu Bildern, Vorstellungen und Worten kannst du jederzeit bei mir buchen. Erfahre mehr: Coachingangebot / Coachingangebot Online
Weiter werde ich dazu nächste Woche (6. – 9. April) ein kostenloses Training zum Klären von Emotionen und Stärken deines Mindsets veranstalten. Hier kannst du dich anmelden: Anmeldung kostenloses Mindset-Training