Krisensituationen als Verstärker und was du daraus gewinnen kannst
Esther Guggisberg
Wir Menschen lieben Gewohnheiten. Sie schenken uns Sicherheit und Entspannung.
Das Gehirn unterstützt uns in diesen Automatismen, da es so Ressourcen sparen kann.
Wir mögen es, wenn unser Alltag einen strukturierten Ablauf hat, es in unserem Beruf, in Beziehung und Freundschaften, in Freizeit und unserer Wahrnehmung der (Aussen-)Welt stabil, sicher, geordnet und vorhersehbar zu- und hergeht. Und der kleine Kick geplant durch Abenteuerurlaube, Herausforderungen oder spannende Dokus und Serien berechenbar ist und somit die Konsequenzen absehbar sind.
So sind wir im Alltag auch eher dazu geneigt, das, was wirkliche Unebenheiten bis hin zu grossen Lebensveränderungen auslösen würde, zur Seite zu schieben.
Ausnahmesituationen wie die jetzige wirken wie Lupen, sind Verstärker für all das, was bisher leicht oder unterschwellig vorhanden war.
Konnten wir bis anhin schwelende Konflikte und unangenehme Umstände verdrängen oder schön reden, werden sie nun mehr denn je spürbar. Viele Beziehungen werden auf die Probe gestellt. Wie funktionieren wir in Ausnahmesituationen? Wer übernimmt Verantwortung? Was ist nun fürs gemeinsame Weiterkommen gefragt?
Lebenskonzepte und berufliche Pläne werden hinterfragt.
Prioritäten werden sichtbar und wir fragen uns, was uns im Leben wirklich von Bedeutung ist – und erkennen es auch darüber, dass es jetzt fehlt.
Beruflich merken wir, dass wir am Limit gelaufen sind. Ständig. Und dass wir es jetzt zuhause gemütlicher nehmen können – oder eben auch ganz und gar nicht. Unsere Prägungen und Gewohnheiten kommen auch hier verstärkt zum Vorschein und zeigen uns deutlich, wozu wir neigen und was unsere Denk-, Fühl- und Handlungsmuster in Extremsituationen sind.
- Bist du eher der Kampf-Typ, so hast du sofort Kräfte mobilisiert und dich eingesetzt. Hier kannst du beispielsweise Wut in Vorwärtsenergie umwandeln.
- Wenn dein Reaktionsmuster Flucht ist, hast du dich wahrscheinlich stark zurückgezogen, vielleicht abgekapselt oder auch Schutz bei vertrauten Orten, Menschen, Tieren oder in bekannten Aktivitäten gesucht – selten so viele Jogger gesehen 😉
- Mit dem Totstell-Reflex ist die Erstreaktion eine Erstarrung bis hin zu einem Ablenken und Abdriften (Dissoziieren) in ganz andere Gedanken und vielleicht sogar heile Fantasiewelten.
- Beim vierten Reflex (englisch: fawn) handelt es sich um das Mitmachen, Anpassen und Duckverhalten, worunter auch das sogenannte People Pleasing fällt. Wir ordnen uns unter und versuchen, wenn möglich irgendwie doch noch was für uns rauszuholen.
Diese vier Muster sind als Angstreaktionen und als Trauma Responses (Verhalten bei traumatischen Erlebnissen) bekannt. Die Erlebnisse müssen nicht objektiv gesehen «schlimm» sein, sondern sind subjektiv vom Einzelnen zu bewerten.
Krisen als Verstärker
Krisensituationen sind Ressourcenfresser.
So zeigt sich vieles, was bis anhin kaschiert werden konnte – was absolut okay und menschlich ist –, nun unmittelbarer. Die aktuelle Situation schränkt ein, übt mental und emotional Druck aus und wirkt als ein Verstärker auf Vorhandenes.
Und wenn wir schon bisher Mühe mit diversen Angelegenheiten haben, steigt hier nun der emotionale Pegel.
Ständige Unsicherheit und (sozial)mediale Beschallung führen zu Gereiztheit, Verzettelung und Unkonzentriertheit. Bis wir dann schliesslich aufgeben und innerlich die Schotten dicht machen. «Back to normal» als tiefe Sehnsucht – egal, ob «normal» gut oder eher weniger gut war.
Chance zur Wandlung
Und wenn du dich jetzt fragst: wozu das Ganze?
Hier ist deine Chance. Du hast die Möglichkeit, nun ganz viel über dich erfahren und Neues zu lernen.
Erst wenn wir uns Bestehendem bewusst werden, können wir einen Einfluss darauf nehmen.
Hast du bereits deine Angstreaktion (weiter oben im Text) erkannt?
Welcher Typ bist du (oder Kombi)?
Welches Thema brennt dir unter den Nägeln?
Was ergeben sich bei dir daraus für Bedürfnisse?
Nebst den ganzen Unstimmigkeiten werden jetzt nämlich auch bis anhin kaum wahrgenommene positive Umstände verstärkt und Chancen sichtbar. Du erkennst, was für dich bisher knapp tolerierbar war, doch jetzt nicht mehr geht. Und dir wird bewusst, was dir wirklich wichtig ist und am Herzen liegt.
Vorausschauend handeln
Viele Menschen werden diese Chance an sich vorbeiziehen lassen. Der Drang, dass es wieder wird, wie es mal war, ist gross. Die Chance, dass es wirklich so wird, eher klein.
Wir haben die Möglichkeit, nun proaktiv zu handeln. Denn wie du bereits gemerkt hast, sucht sich unsere Psyche immer wieder Komfortzonen und Wohlfühlinseln – auch innerhalb von turbulenten und unsicheren Situationen.
Bevor du dich nun wieder in den bequemen Sessel deiner Komfortzone setzt, frage dich:
Wo liegt für mich jetzt die grösste Chance auf eigenes Wachstum?
Welcher Lebensbereich ruft mich?
Welche Sehnsucht wird immer stärker?
Was ergibt sich daraus für ein Ziel?
Und wie mache ich es umsetzbar?
Am Nullpunkt angelangt sammelst du deine Energie und richtest sie auf deinen gewünschten Fokus. Entscheide dich für EIN Thema. Mehrere werden dich überfordern, so dass du dich schlussendlich keinem widmest.
Metaziel
Das Ziel hinter dem Ziel kann für viele Menschen jetzt und für die Zukunft heissen: wenn wir zurück auf diese Situation schauen, werden wir eine immense Kraft in uns spüren. Die Kraft und den Stolz, dass wir die Situation nicht nur gemeistert haben, sondern auch noch ganz viel über uns lernen konnten.
Dazu werde ich nächste Woche ein kostenloses Training zum Klären von Emotionen und Stärken deines Mindsets veranstalten. Abonniere meinen Newsletter und werde als Erste/r informiert: Newsletter abonnieren